Stellungnahme zum Artikel des Umweltbundesamtes zur privaten Herstellung von Pflanzenkohle

Das Umweltbundesamt rät davon ab, Pflanzenkohle selbst herzustellen. Stattdessen sollen das besser „die Profis“ machen. Was steckt hinter den Argumenten des UBA? Ist selbst hergestellte Pflanzenkohle gefährlich? Vergiften wir Boden, Wasser und Luft, wenn wir Pflanzenkohle selbst herstellen?

Wir haben als Bundesverband nach entsprechenden Studien gesucht – und keine Belege für die Behauptungen im Artikel des UBA gefunden. Der übrigens komplett ohne Quellenangaben oder Autor auskommt. Das hat uns dazu bewegt, einen offenen Brief an das UBA zu formulieren. Diesen findet ihr hier in voller Länge und als Argumentatiosnhilfe gegenüber allen, die sich gegen die Pflanzenkohleherstellung im eigenen Garten aussprechen.

Offene Stellungnahme des Bundesverbandes der Schreberjugend zum Artikel auf der Website des UBA vom 19.07.2023:

„Pyrolyseöfen: Von privater Pflanzenkohle-Herstellung wird abgeraten“

Sehr geehrte Kolleg*innen des Umweltbundesamtes,

Mit Erstaunen und Befremden haben wir Ihren Artikel zur privaten Pflanzenkohleherstellung wahrgenommen:

Wir betreiben als Bundesverband an zahlreichen Standorten sogenannte „Kon-Tikis“ in Kleingartenanlagen, Jugendbildungseinrichtungen und anderen Gartenkontexten, und sind Urheber des mit Preisen ausgezeichneten Projektes „KARBONARA“, das Gärten mithilfe der Pflanzenkohleherstellung an die Kreislaufwirtschaft heranführen und gleichzeitig Klimaschutz betreiben will:

Uns irritiert an ihrem Artikel, dass sehr pauschal und mit nicht stichhaltigen Argumenten von der privaten Pflanzenkohleherstellung abgeraten wird. Deswegen nehmen wir zu Ihrem Artikel wie folgt Stellung:

Zitate aus der UBA-Website in Schwarz, Einschätzung der Schreberjugend Bundesverband in Grün.

„Bei unsachgemäßer Herstellung entstehen aber viele Schadstoffe, die in den Boden, das Wasser und in die Luft gelangen können.“

„Schadstoffarme Pflanzenkohle erhalten Sie nur aus modernen Pyrolyseanlagen.“

„Qualität und Schadstoffgehalt der hergestellten Pflanzenkohle hängen maßgeblich davon ab, wie gut der Pyrolyseprozess, d.h. die Erhitzung unter weitestgehendem Ausschluss von Sauerstoff, kontrolliert und gesteuert werden kann.“

„Bei kleinen, im Handel erhältlichen Pyrolyseöfen für den Hausgebrauch oder sogenannten Kon-Tikis (trichterförmigen Brennschalen) gibt es hingegen – vergleichbar mit einem Lagerfeuer – viele unterschiedliche Temperaturzonen mit Verwirbelungen. Das fördert die Schadstoffentstehung bei der Herstellung und die Schadstoffanreicherung in der Pflanzenkohle. Durch die Ausbringung im Garten können sich die Schadstoffe dann in Pflanzen und Früchten anreichern.“

Graber, E.R., L. Tsechansky, Z. Gerstl, B. Lew, 2012: High surface area biochar negatively impacts herbicide efficacy. Plant and Soil, 353: 95-106.

Graber, E.R., L. Tsechansky, J. Khanukov, Y. Oka, 2011: Sorption, volatilization, and efficacy of the fumigant 1,3-dichloropropene in a biochar-amended soil. Soil Science Society of America Journal, 75: 1365-1373.

„Terytze, Vogel, 2019: Wertschöpfung organischer Reststoffe durch Herstellung von Biokohle und Biokohlesubstraten zur nachhaltigen und klimafreundlichen Aufwertung militärischer Konversionsflächen und ertragsschwacher Standorte“

„Entsorgen Sie Grünschnitt fachgerecht: Kleinere Mengen an Grünschnitt können Sie fachgerecht z.B. über die Biotonne entsorgen oder selber kompostieren. Durch die Untermischung von holzigem Material wird die Durchlüftung und damit der Rotteprozess des Komposts verbessert. Für größere Mengen Grünschnitt bieten Kommunen gesonderte Entsorgungsmöglichkeiten an. Wenn Sie genügend Platz in Ihrem Garten haben, können Sie eine ⁠Totholz⁠(h)ecke anlegen. Sie schaffen damit einen wichtigen Lebens- und Rückzugsraum u.a. für Kleingetier wie Kröten und Eidechsen sowie für viele Insekten. Dem Nutzen für das ⁠Klima⁠ stehen Risiken wie die Belastung der Böden, der Luft und des Grundwassers mit Schadstoffen gegenüber. Denn bei der Pyrolyse wird Biomasse (z.B. Holz oder Pflanzenmaterial) durch Erhitzen unter Sauerstoffabschluss pyrolysiert bzw. verschwelt. Dabei entstehen – neben dem eigentlichen kohlenstoffhaltigen Produkt, der getrockneten und verkohlten Biomasse (sogenannte Biokohle oder Pflanzenkohle) – Abgase mit einem sehr hohen Anteil an Kohlenmonoxid (giftig!), Feinstaub und unverbrannten Kohlenwasserstoffen (u.a. Krebs erzeugende Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe – ⁠PAK⁠). In einer industriellen Pyrolyseanlage kann das Abgas gereinigt werden, was bei privater Anwendung nicht möglich ist. Durch einen unprofessionellen Pyrolyseprozess kommt es so zur Anreicherung von Schwermetallen und ⁠PAK⁠ in der hergestellten Pflanzenkohle. Daher ist eine Pyrolyse/Verschwelung außerhalb von professionell betriebenen Anlagen aus boden-, wasser- und lufthygienischen Gründen nicht zu empfehlen. Aus Sicht des Gewässerschutzes besteht zudem die Gefahr, dass beim „Löschen“ der Kohle Schadstoffe gelöst und entweder in ein nahe gelegenes Oberflächengewässer abgeschwemmt werden oder in das Grundwasser einsickern. Für die Einleitung des Löschwassers der Pyrolyse in die Kanalisation ebenso wie für die Versickerung im Boden wäre aufgrund der Gefahr der Einbringung von Schadstoffen in Grundwasser und Gewässer mit der zuständigen Wasserbehörde vorab zu klären, ob dafür eine Indirekteinleiter-Genehmigung erforderlich ist.“

Ausgewählte Studien:

2 Gedanken zu „Stellungnahme zum Artikel des Umweltbundesamtes zur privaten Herstellung von Pflanzenkohle“

    • Liebe Ute, danke für deinen Kommentar. Tatsächlich ist der Pflanzenkohle-Artikel kürzlich durch das UBA angepasst worden und akzeptiert jetzt auch die private Pflanzenkohleherstellung, sofern sie fachgerecht durchgeführt wird. Wir sind froh, dass das UBA in der Frage seine Meinung geändert hat. Dennoch gibt es noch viel zu tun, bis die private Kohleherstellung wirklich akzeptiert wird. Wir bleiben dran.

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