Das Umweltbundesamt rät davon ab, Pflanzenkohle selbst herzustellen. Stattdessen sollen das besser „die Profis“ machen. Was steckt hinter den Argumenten des UBA? Ist selbst hergestellte Pflanzenkohle gefährlich? Vergiften wir Boden, Wasser und Luft, wenn wir Pflanzenkohle selbst herstellen?
Wir haben als Bundesverband nach entsprechenden Studien gesucht – und keine Belege für die Behauptungen im Artikel des UBA gefunden. Der übrigens komplett ohne Quellenangaben oder Autor auskommt. Das hat uns dazu bewegt, einen offenen Brief an das UBA zu formulieren. Diesen findet ihr hier in voller Länge und als Argumentatiosnhilfe gegenüber allen, die sich gegen die Pflanzenkohleherstellung im eigenen Garten aussprechen.
Offene Stellungnahme des Bundesverbandes der Schreberjugend zum Artikel auf der Website des UBA vom 19.07.2023:
„Pyrolyseöfen: Von privater Pflanzenkohle-Herstellung wird abgeraten“
Sehr geehrte Kolleg*innen des Umweltbundesamtes,
Mit Erstaunen und Befremden haben wir Ihren Artikel zur privaten Pflanzenkohleherstellung wahrgenommen:
Von privater Pflanzenkohle-Herstellung wird abgeraten
Wir betreiben als Bundesverband an zahlreichen Standorten sogenannte „Kon-Tikis“ in Kleingartenanlagen, Jugendbildungseinrichtungen und anderen Gartenkontexten, und sind Urheber des mit Preisen ausgezeichneten Projektes „KARBONARA“, das Gärten mithilfe der Pflanzenkohleherstellung an die Kreislaufwirtschaft heranführen und gleichzeitig Klimaschutz betreiben will:
Uns irritiert an ihrem Artikel, dass sehr pauschal und mit nicht stichhaltigen Argumenten von der privaten Pflanzenkohleherstellung abgeraten wird. Deswegen nehmen wir zu Ihrem Artikel wie folgt Stellung:
Zitate aus der UBA-Website in Schwarz, Einschätzung der Schreberjugend Bundesverband in Grün.
„Bei unsachgemäßer Herstellung entstehen aber viele Schadstoffe, die in den Boden, das Wasser und in die Luft gelangen können.“
Das ist grundsätzlich in Teilen korrekt, aber ungenau und unspezifisch formuliert. Bei jeder Pyrolyse oder Verbrennung entstehen Schadstoffe. Im Vergleich zur Verbrennung in Motoren oder Heizungen lässt sich darüber streiten, ob es „viele“ sind. Das ist sehr unspezifisch formuliert. Die Herstellung in professionell hergestellten Kon-Tikis ist aus unserer Sicht unbedingt als sachgemäß einzustufen, wie unsere Schadstoffanalysen der so gewonnenen Pflanzenkohle zeigen. Studien zur Herstellung von Pflanzenkohle in Kon-Tikis zeigen zusätzlich, dass diese durchaus schadstoffarm hergestellt werden kann. Selbst bei unsachgemäßer Herstellung ist zu fragen und zu belegen, wie viele Schadstoffe entstehen, und ob es im Vergleich viele sind, bzw. ob sie in Mengen entstehen, die schädlich sind.
„Schadstoffarme Pflanzenkohle erhalten Sie nur aus modernen Pyrolyseanlagen.“
Diese Behauptung ist nachgewiesen falsch. Unsere Analysen, und auch unabhängige Studien zeigen eindeutig, dass eine hochwertige und schadstoffarme Kohle problemlos und in gleichbleibender Qualität in Kleinanlagen (Kon-Tiki) hergestellt werden kann. Diese Kleinanlagen sollten von ihrer Seite im Zweifel als „moderne Pyrolyseanlagen“ eingestuft werden.
„Qualität und Schadstoffgehalt der hergestellten Pflanzenkohle hängen maßgeblich davon ab, wie gut der Pyrolyseprozess, d.h. die Erhitzung unter weitestgehendem Ausschluss von Sauerstoff, kontrolliert und gesteuert werden kann.“
Das ist grundsätzlich korrekt. Dieser Prozess kann allerdings auch in Kleinanlagen sehr gut „kontrolliert und gesteuert“ werden, da die Anlagen konstruktionsbedingt viele Fehler vermeiden helfen. Die Qualität der so hergestellten Kohlen kann problemlos mit der von großen Anlagen mithalten. Durch Laboranalysen der Pflanzenkohle aus Kon-Tikis konnten wir bestätigen, dass selbst die sehr niedrig angesetzten Grenzwerte des EBC eingehalten werden können. Auch Kohle, die in selbst gebauten Pyrolyseöfen hergestellt und von uns in die Laboranalyse geschickt wurde, hat sehr geringe, unbedenkliche Schadstoffwerte aufgewiesen.
„Bei kleinen, im Handel erhältlichen Pyrolyseöfen für den Hausgebrauch oder sogenannten Kon-Tikis (trichterförmigen Brennschalen) gibt es hingegen – vergleichbar mit einem Lagerfeuer – viele unterschiedliche Temperaturzonen mit Verwirbelungen. Das fördert die Schadstoffentstehung bei der Herstellung und die Schadstoffanreicherung in der Pflanzenkohle. Durch die Ausbringung im Garten können sich die Schadstoffe dann in Pflanzen und Früchten anreichern.“
Das ist so nicht richtig, unsauber formuliert und in Teilen sogar irreführend. Professionell gebaute Kon-Tikis sind explizit NICHT mit einem Lagerfeuer vergleichbar. Das Prinzip ist ein völlig anderes, sogar konträres (vollständige Verbrennung beim Lagerfeuer gegenüber unvollständiger Verbrennung im Kon-Tiki). In Lagerfeuern findet nur minimal Pyrolyse statt, deswegen verbleibt nach einem Lagerfeuer hauptsächlich Asche und keine Pflanzenkohle. Ein Kon-Tiki hingegen minimiert Verwirbelungen und sorgt für einen nach Innen gerichteten Sog, der Pyrolysegase der Verbrennung zuführt und dadurch, ganz anders als bei einem Lagerfeuer, eine saubere Verbrennung der Holzgase befördert. Das unten liegende Material wird gegen Sauerstoff abgeschirmt (in Gegensatz zu einem Lagerfeuer, bei dem Sauerstoff zuströmen kann und soll). Zudem wird im Kessel des Kon-Tiki dauerhaft eine hohe Temperatur über das ganze Pyrolysematerial gehalten. Das zeigen unsere Messungen der Temperatur während des Pyrolysevorgangs. Das sorgt dafür, dass bei der Pyrolyse (nicht bei der Verwirbelung!) entstehende Schadstoffe, wie bspw. PAK, sehr sicher verbrannt werden. Hier herrscht scheinbar völlige Unkenntnis über die Funktionsweise eines Kon-Tiki, den Unterschied zwischen Pyrolyse und Verbrennung, sowie Pyrolyse als Prozess insgesamt. Die Ausbringung der Kohle im Garten sorgt zudem eben gerade NICHT für eine Anreicherung von Schadstoffen in Pflanzen und Früchten, weil die Kohle Schadstoffe sehr stark absorbiert (Aktivkohle) und weitgehend für Pflanzen nicht mehr verfügbar macht. Pflanzenkohle wird deswegen auch für die Sanierung von Böden und viele weitere Filterleistungen verwendet. Siehe z.B. diese drei wissenschaftlichen Arbeiten:
Graber, E.R., L. Tsechansky, Z. Gerstl, B. Lew, 2012: High surface area biochar negatively impacts herbicide efficacy. Plant and Soil, 353: 95-106.
Graber, E.R., L. Tsechansky, J. Khanukov, Y. Oka, 2011: Sorption, volatilization, and efficacy of the fumigant 1,3-dichloropropene in a biochar-amended soil. Soil Science Society of America Journal, 75: 1365-1373.
„Terytze, Vogel, 2019: Wertschöpfung organischer Reststoffe durch Herstellung von Biokohle und Biokohlesubstraten zur nachhaltigen und klimafreundlichen Aufwertung militärischer Konversionsflächen und ertragsschwacher Standorte“
Das EBC merkt in der neuesten Version seiner Richtlinien an: „PAK sind in städtischen Umgebungen allgegenwärtig (z.B. durch Reifenabrieb und Autoabgase), und auf städtische Bödenaufgebrachte Pflanzenkohle wirkt als Adsorber dieser Umweltgifte, sofern niedrige PAK-Gehalte in der Pflanzenkohle gewährleistet sind…“ (vgl.EBC (2012-2023) ‚European Biochar Certificate – Richtlinien für die Zertifizierung von Pflanzenkohle‘, Ithaka Institute, Arbaz, Switzerland.
http://www.european-biochar.org Version 10.3G vom 5. April 2023, Seite 13
„Entsorgen Sie Grünschnitt fachgerecht: Kleinere Mengen an Grünschnitt können Sie fachgerecht z.B. über die Biotonne entsorgen oder selber kompostieren. Durch die Untermischung von holzigem Material wird die Durchlüftung und damit der Rotteprozess des Komposts verbessert. Für größere Mengen Grünschnitt bieten Kommunen gesonderte Entsorgungsmöglichkeiten an. Wenn Sie genügend Platz in Ihrem Garten haben, können Sie eine Totholz(h)ecke anlegen. Sie schaffen damit einen wichtigen Lebens- und Rückzugsraum u.a. für Kleingetier wie Kröten und Eidechsen sowie für viele Insekten. Dem Nutzen für das Klima stehen Risiken wie die Belastung der Böden, der Luft und des Grundwassers mit Schadstoffen gegenüber. Denn bei der Pyrolyse wird Biomasse (z.B. Holz oder Pflanzenmaterial) durch Erhitzen unter Sauerstoffabschluss pyrolysiert bzw. verschwelt. Dabei entstehen – neben dem eigentlichen kohlenstoffhaltigen Produkt, der getrockneten und verkohlten Biomasse (sogenannte Biokohle oder Pflanzenkohle) – Abgase mit einem sehr hohen Anteil an Kohlenmonoxid (giftig!), Feinstaub und unverbrannten Kohlenwasserstoffen (u.a. Krebs erzeugende Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe – PAK). In einer industriellen Pyrolyseanlage kann das Abgas gereinigt werden, was bei privater Anwendung nicht möglich ist. Durch einen unprofessionellen Pyrolyseprozess kommt es so zur Anreicherung von Schwermetallen und PAK in der hergestellten Pflanzenkohle. Daher ist eine Pyrolyse/Verschwelung außerhalb von professionell betriebenen Anlagen aus boden-, wasser- und lufthygienischen Gründen nicht zu empfehlen. Aus Sicht des Gewässerschutzes besteht zudem die Gefahr, dass beim „Löschen“ der Kohle Schadstoffe gelöst und entweder in ein nahe gelegenes Oberflächengewässer abgeschwemmt werden oder in das Grundwasser einsickern. Für die Einleitung des Löschwassers der Pyrolyse in die Kanalisation ebenso wie für die Versickerung im Boden wäre aufgrund der Gefahr der Einbringung von Schadstoffen in Grundwasser und Gewässer mit der zuständigen Wasserbehörde vorab zu klären, ob dafür eine Indirekteinleiter-Genehmigung erforderlich ist.“
Hier wird sehr undifferenziert und polemisch argumentiert, verschiedene Effekte durcheinandergeworfen und die Logik hintenangestellt. Zur Einordnung:
Schwermetalle: Wenn das UBA dazu rät, den Grünschnitt zu kompostieren oder als Hecken im Garten zu verbauen, und gleichzeitig davon ausgeht, dass es durch Pyrolyse desselben Materials zu einer Anreicherung von Schwermetallen kommen kann, dann stellt sich die Frage, woher diese Schwermetalle stammen sollen? Entweder sind diese bereits im Grünschnitt vorhanden, dann wäre dieser allerdings Sondermüll und es müsste vom Anbau von Gemüse im Kleingarten grundsätzlich abgeraten werden, oder sie sind eben nicht (in nennenswerter Menge) vorhanden und dann kann das holzige Material sowohl kompostiert als auch pyrolysiert werden (ein Aufkonzentrieren von Schwermetallen fände in beiden Fällen statt, bei der Pflanzenkohle hätte der Anwender allerdings den Vorteil, dass die Kohle die Schwermetalle bindet). Ein Zuwandern von Schwermetallen aus der Luft während der Pyrolyse kann jedenfalls ausgeschlossen werden. Da Pflanzenkohle Schwermetalle sehr gut bindet, wäre im Gegenteil sogar zu raten, belasteten Grünschnitt mit Pflanzenkohle „zu entschärfen“. Dass aus Pflanzenkohle Schadstoffe oder Schwermetalle in Pflanzen einwandern, ist unserer Kenntnis nach noch nicht beobachtet worden, allerdings das Gegenteil schon. Studien zeigen, dass Pflanzenkohle die Verfügbarkeit von Schwermetallen im Boden minimiert.
vgl.EBC (2012-2023) ‚European Biochar Certificate – Richtlinien für die Zertifizierung von Pflanzenkohle‘, Ithaka Institute, Arbaz, Switzerland. Version 10.3G vom 5. April 2023, Seite 25: „Sofern die Biomasse nicht auf kontaminierten Böden aufwuchs oder durch externe Behandlung (z.B. Kupferspritzung im Weinbau) oder Verunreinigung (z.B. bleihaltige Farben) erhöhte Schwermetallgehalte aufweist, ist die Aufkonzentrierung durch die Pyrolyse jedoch als unkritisch zu betrachten.“
http://www.european-biochar.org
PAK: Diese werden während des Pyrolyseprozesses in Kon-Tikis weitgehend vollständig verbrannt. Eine Belastung des Bodens ist insoweit unwahrscheinlich, da wir in zahlreichen PAK-Analysen der durch uns in professionellen Kon-Tikis hergestellten Kohlen noch nie besorgniserregende Werte an PAK feststellen konnten. Zusätzlich bindet die Pflanzenkohle organische Schadstoffe sehr gut und wird explizit für die Bindung von PAK genutzt.
Grundwasser: Das Gleiche gilt (sogar noch verstärkt) für Einträge in das Grundwasser. Das Kon-Tiki wird erst abgelöscht, wenn keine Flamme mehr über dem Holz ist und das Kon-Tiki mit Kohle gefüllt ist. In diesem Moment sind nahezu alle Holzgase verbrannt, es entstehen somit auch so gut wie keine PAK mehr. Das Löschwasser kann somit auch nahezu keine solchen PAK aufnehmen. Da die Kohle eine längere Zeit im Löschwasser schwimmt, nimmt sie zudem aufgrund ihrer hohen Porosität alle möglichen Stoffe auf und bindet diese dauerhaft (Aktivkohlefilter z.B. in Kläranlagen funktionieren genau auf diese Weise). Wie das so gereinigte Löschwasser anschließend einen Schadstoffeintrag befördern soll, bleibt völlig schleierhaft. An Straßenrändern in Grünstreifen verbaute Pflanzenkohle dient bspw. dem Zweck, PAK aus Reifenabrieb zu binden und somit Boden und Wasser zu schützen. Es verbleibt nach dem Löschen ein sehr sauberes Wasser, das leicht alkalisch ist und sich somit hervorragend für das Ansetzen von Pflanzenjauchen eignet und daher aufgefangen und weiterverwendet werden sollte.
Kohlenmonoxid: Es entsteht besonders bei unsauberer Verbrennung, die im Kon-Tiki minimiert ist. Grundsätzlich entsteht Kohlenmonoxid bei jeder Verbrennung (vor allem in Holzheizungen im Einfamilienhausbereich und im Verkehrssektor) und ist im Freien trotz der hohen Giftigkeit des Gases bei der Pflanzenkohleherstellung unproblematisch. Warum gerade bei Kon-Tikis, die im Freien betrieben werden, die CO-Emissionen erwähnt werden (die im Freien kaum gefährlich sind, sonst müssten Holzheizungen verboten und auch der Verkehrssektor CO-frei betrieben werden), ist völlig unverständlich. In Relation zu den mengenmäßigen Ausstößen aus dem Verkehrs- und Heizungssektor umso mehr, zumal bei Kon-Tikis der Klimaschutzeffekt durch gebundenen Kohlenstoff zu Buche schlägt.
Methan: Methan ist ein Gas, das möglichst beim Pyrolysevorgang verbrannt werden sollte. Es entsteht vor allem beim Anfeuern des Kon-Tiki. Hier hilft ein sauberes und schnelles Anfeuern des Kon-Tiki. Ist dieses erstmal in Betrieb, verhilft die spezielle Bauweise zu einer guten Verbrennung des Methans, weil die Luftströmung die Holzgase in den mittleren Bereich des Ofens führt, und die Gase in die Flamme „zieht“. Dadurch wird das Methan in CO2 umgewandelt und somit deutlich weniger klimaschädlich. Das im holzigen Material vorhandene Methan würde bei der durch das UBA empfohlenen Verrottung (Benjes-Hecke) oder Kompostierung ebenfalls freigesetzt und vollständig in die Atmosphäre entlassen. Durch Einbringen von Pflanzenkohle in den Kompost kann dort entstehendes Methan sehr gut gebunden und die Methanabgabe an die Atmosphäre beim Kompostieren deutlich verringert werden. Dies gilt auch für andere Gase, wie bspw. Lachgas. Gleichzeitig werden Nährstoffauswaschungen in den Boden und das Grundwasser reduziert, was nachweist, dass Pflanzenkohle eine Filtereigenschaft hat.
Vgl. „Verminderung von Nitratauswaschungen und Lachgasemissionen durch Biochar“, Claudia Kammann 2016, z.B. hier:
Weitgehend unerwähnt lässt das UBA zudem, dass selbst hergestellte Pflanzenkohle gärtnernden Menschen hilft, auf Torfsubstrate zu verzichten, Biomasse im Garten zu belassen, eine sauberere Kompostierung durchzuführen (Absorption von Stickstoff, Methan, Lachgas etc. im Kompost, Verhinderung von Auswaschungen von Nährstoffen, höhere C-Bindung im Kompost, bessere Struktur von Kompost und Boden), zu einer Kreislaufwirtschaft zu kommen und unnötige Autofahrten für die Beschaffung von Substraten, oder sogar das individuelle Abfahren von Grünschnitt (teilweise in vom Entsorger zur Verfügung gestellten Plastiksäcken) zu vermeiden. Auch diese Effekte sind klimarelevant und nicht zu vernachlässigen. Der soziale und bewusstseinsprägende Aspekt, dass Menschen selbst aktiv gegen den Klimawandel vorgehen und dass dies zu einem Mentalitätswandel führen kann (Selbstwirksamkeit), wird auch außer Acht gelassen. Gerade dies wird (bei z.B. bis zu 5 Millionen kleingärtnernden Menschen aus allen Milieus in Deutschland) besonders nötig sein, um für die anstehenden Transformationsprozesse demokratische Mehrheiten zu finden. Mit einer Mentalität und dem Ansatz, Klimaschutz besser „den Profis zu überlassen“, wird es nicht gelingen, eine große Transformation einzuleiten und für diese Verständnis zu schaffen.
Ausgewählte Studien:
In dieser Studie werden für Kon-Tikis verhältnismäßig niedrige Emissionen an CO nachgewiesen: „Emissions and Char Quality of Flame-Curtain „Kon Tiki“ Kilns“. Methan und CO2 sind die Hauptgase. Methan lässt sich durch „schnelles Anfeuern“ noch weiter reduzieren. Im Kompost hat die Pflanzenkohle zudem einen „Methan einfangenden“ Effekt, der die Methanentstehung bei der Verkohlung zum Teil kompensiert.
https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0154617
Eine bedenkliche Schwermetallbelastung durch Pyrolyse in Kon-Tikis ist in Studien unseres Wissens nicht nachgewiesen worden. In der gleichen Studie: Tabelle mit gemessenen Werten für Schwermetalle in Kon-Tiki-Kohle: Alle Werte im grünen Bereich.
In der folgenden Grafik sind die positiven und negativen Impacts über den Lebenszyklus inklusive Herstellung! eines Kon-Tiki (Flame curtain steel kiln) erfasst. Die Win-Win-Effekte, die in unserem Projekt zusätzlich entstehen, sind hier nicht mit eingerechnet, verbessern die Bilanz aber deutlich. Insbesondere der reine Klimaschutzeffekt der Karbonsequestrierung ist bereits sehr eindeutig und beeindruckend.
Aus: „Life-cycle assessment of biochar production systems in tropical rural areas: Comparing flame curtain kilns to other production methods“ https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0961953417301356
Kompost:
Die Ergebnisse von Gasmessungen zeigen, dass der Zusatz von Biokohle einen Einfluss auf die Treibhausgasemissionen hat. Mieten mit Biokohle wiesen im Vergleich zu Mieten ohne Biokohle zwischen 24% und 43 % geringere CH4-, NH3- und N2O-Emissionen (als CO 2-äquiv) auf, was im Hinblick auf eine Senkung der Treibhausgasemissionen positiv bewertet werden kann.
Aus: https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/15068/Endbericht_TerraBoGa_Endversion-1.pdf?sequence=1&isAllowed=y Seite 94
Fazit und Gesprächsangebot:
Allein diese kurze und mit nur einem kleinen Teil der aktuell verfügbaren Studien hinterlegte Stellungnahme zeigt, dass Pflanzenkohle auch durch viele Menschen und dezentral hergestellt einen sehr starken positiven Effekt haben kann, was den Klimaschutz angeht. Uns schwebt vor, alle Kleingartenanlagen und Gemeinschaftsgärten in Deutschland zu befähigen, Pflanzenkohle in einer guten Qualität und mit maximalem Schutz von Boden, Wasser und Luft herzustellen. Dabei soll möglichst die (vorher dafür ausgebildete) Gartenfachberatung die Anleitung und Umsetzung für das Herstellen der Pflanzenkohle übernehmen und nicht jede*r Kleingärtner*in die Pflanzenkohle selbst herstellen, was sehr ineffizient wäre. Auf diese Weise kann eine hohe Qualität der Kohle bei minimalem Einsatz von Ressourcen ermöglicht werden. Kleingärtner*innen würden sich als Beteiligte im Kampf gegen den Klimawandel erleben, einen wertvollen Rohstoff „ernten“, in die Kreislaufwirtschaft einsteigen, zahlreiche Transportwege vermeiden, Torfsubstrate einsparen, ihre Kompostierung verbessern, Nährstoffe in ihren Böden gegen Auswaschung sichern, Humus im Boden anreichern, und, und, und. Jeder einzelne dieser Effekte ist klimarelevant.
Es ist uns als Verband, der Bildung für nachhaltige Entwicklung nicht nur auf dem Papier betreibt, dafür bereits Auszeichnungen erhalten hat und vor allem junge Menschen als selbstwirksame, gestaltende Persönlichkeiten bildet, völlig unverständlich, dass das UBA mit der Formulierung:
„Lassen Sie … die Profis ran: Finger weg von Schadstoffen anreichernden Kon-Tikis und privaten Pyrolyseöfen!“ (inklusive Ausrufezeichen)
auf einem Niveau formuliert, das belehrend und herablassend wirkt und so gar nicht dem entspricht, was für eine große Transformation unbedingt notwendig und von einem Umweltbundesamt erwartbar ist – nämlich Menschen auf dem Weg mitzunehmen und ihnen Handlungsoptionen zu lassen.
Sehr gern gehen wir dazu mit Ihnen ins Gespräch und würden uns sehr freuen, wenn sie uns dabei unterstützen, noch offene oder kritische Fragen im Zusammenhang mit der Pyrolyse in Kleinanlagen zu klären. Es gibt durchaus noch Bedarf, z.B. den Prozess des Anfeuerns eines Kon-Tiki zu optimieren, an der Nutzung der Abwärme zu arbeiten (z.B. zum Kochen oder Heizen), die passende Größe eines Kon-Tiki für Kleingartenanlagen zu ermitteln, den Stoffstrom eines „Kreislaufwirtschaftsgartens“ mit Pflanzenkohle zu erfassen, usw. Das Feld der Pflanzenkohle ist recht neu und bedarf der weiteren Erforschung und praktischen Erprobung. Wir können gern gemeinsam überlegen, wie wir unsere Kräfte bündeln können, um den großen Herausforderungen zu begegnen. Ein Artikel in der abschreckenden Form wie er auf ihrer Website zu finden ist, ist kontraproduktiv und führt bei vielen Anwender*innen, Entscheider*innen und Umweltbehörden zu einer ablehnenden Haltung und bei Fachleuten aus dem Pflanzenkohlebereich zu Verwunderung und Kopfschütteln.
Ich bin begeistert von Ihrem Kommentar!
Liebe Ute, danke für deinen Kommentar. Tatsächlich ist der Pflanzenkohle-Artikel kürzlich durch das UBA angepasst worden und akzeptiert jetzt auch die private Pflanzenkohleherstellung, sofern sie fachgerecht durchgeführt wird. Wir sind froh, dass das UBA in der Frage seine Meinung geändert hat. Dennoch gibt es noch viel zu tun, bis die private Kohleherstellung wirklich akzeptiert wird. Wir bleiben dran.