Am heutigen 1. Juni jährt sich einmal wieder der Internationale Kindertag. Doch nicht nur an diesem Tag verdienen die Anliegen von Kindern und Jugendlichen unsere besondere Aufmerksamkeit. Bereits seit mehr als einem Jahr wird ihnen in Deutschland und einem großen Teil der Welt einiges abverlangt; sie werden gebeten in vielen Lebensbereichen Verzicht zu üben, damit ältere und schwächere Mitglieder unserer Gesellschaft geschützt sind. Hierfür wollen auch wir heute noch einmal „Danke!“ sagen.
Hierbei dürfen wir es aber unserer Meinung nach nicht belassen. Denn die Anliegen der Kinder und Jugendlichen scheinen schon jetzt während der ersten Schritte hin zu einer Normalisierung des Alltags nach dem „Lockdown“ im politischen Diskurs nicht viel wichtiger zu sein als die Wiedereröffnung der Shopping-Center und Cafés. Bei Schulöffnungen wird halbherzig auf das nächste Schuljahr verwiesen und bei Impfungen dürfen sich junge Menschen hintenanstellen. Manche Gruppen, wie beispielsweise junge Studierende, die, auch wenn sie weiter zuhause bleiben müssen, ihre Eltern praktischerweise nicht von der Erwerbsarbeit abhalten, werden von der Politik gleich ganz vergessen.
Wir empfinden es als zutiefst ungerecht, von Kindern und Jugendlichen in Zeiten der Krise Verzicht und Genügsamkeit zu verlangen und ihre Lebenswelt auf wenige Elemente zusammenzuschrumpfen, während man sie gleichzeitig in vielen Bereichen immer noch nicht als vollwertige Mitglieder unserer Gesellschaft anerkennt!
Mal lauter und mal leiser wurde so in den letzten Monaten eines der Kernanliegen der Jugendverbände von der Bundesregierung verhandelt; oder besser, abgehandelt. Nach dem aktuellen Verhandlungsstand zu urteilen, wird es wohl keine wirksame Aufnahme der Kinderrechte in einem eigenständigen Absatz im Grundgesetz geben. Kinder und Jugendliche werden juristisch weiterhin in erster Linie nicht als eigenständige Persönlichkeiten, sondern als Kinder ihrer Eltern behandelt. Auch ein Primat des Kindeswohls bei allen Entscheidungen, die das Kind oder den Jugendlichen betreffen ist aus dem aktuellen Entwurf nicht abzuleiten. Konflikte zwischen Eltern- und Kinderrechten sind somit vorprogrammiert. Insbesondere die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag verweigerte sich bis zuletzt einer Modernisierung dieser juristischen Sachlage. Wir finden das enttäuschend und falsch. Nicht nur ist eine echte Stärkung der Kinderrechte längst überfällig, die von der Bundesregierung angestrebte Neufassung bleibt auch hinter der UN-Kinderrechtskonvention, der europäischen Grundrechtecharta und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes der letzten Jahre zurück. Der aktuelle Entwurf der Bundesregierung kann somit nur als Nebelkerze bezeichnet werden.
Auch ein weiteres Kernanliegen der Jugendverbände, die Absenkung des Wahlalters auf 14 Jahre bei allen Wahlen, ist mit der aktuellen Regierung nicht verhandelbar. Junge Menschen werden so weiterhin als Objekte der Politik der Bundesregierung behandelt, anstatt auf ihre Weitsicht und Solidarität zu vertrauen, die sie immer wieder in den U18-Wahlen, aber auch während der Corona-Pandemie unter Beweis gestellt haben. Über die Kinder- und Jugendpolitik während der Pandemie braucht man sich nicht zu wundern, solange Politiker*innen nicht befürchten müssen, bei den nächsten Wahlen für ihre Entscheidungen abgestraft zu werden. Es ist daher, auch das hat uns diese Krise gelehrt, höchste Zeit das Wahlalter zu senken, wenn wir nicht mittelfristig einen gesellschaftlichen Bruch entlang der Generationslinien riskieren möchten.
Hier könnt ihr eine Initiative des DBJR zur Absenkung des Wahlalters mitzeichnen und gern auch in euren Vereinen und Ortsgruppen dafür werben, dass das Wahlalter in einem ersten Schritt auf 16 und perspektivisch auf 14 Jahre gesenkt wird.
Wenn auch euch das Thema Kinderrechte ins Grundgesetz ein besonderes Herzensanliegen ist, dann bekommt ihr zum Beispiel hier mehr Infos und könnt in eurem Umfeld dafür sorgen, dass sich noch mehr Initiativen und Vereine für eine wirksame Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz aussprechen.
2021 ist außerdem ein Superwahljahr! Lasst uns zusammen dafür kämpfen, dass die nächste Bundesregierung andere Entscheidung bezüglich der Ermächtigung von Kindern und Jugendlichen trifft und die Kinderrechte wirksam im Grundgesetz verankert. Jede Stimme zählt; es ist an der Zeit den Worten Taten folgen zu lassen und Kinder und Jugendliche endlich als vollwertige Persönlichkeiten mit politischen Bürger*innenrechten anzuerkennen.