Vielleicht seid ihr bereits darüber gestolpert; die aufmerksamen Follower*innen unserer Social-Media-Kanäle werden in ihrem Feed mit Sicherheit schon das Däumchen drüber gewischt haben.
Unter dem Titel „#Corona trifft nicht alle gleich“ beziehen wir gemeinsam mit der Arbeiter-Samariter-Jugend, dem Bund der Alevitischen Jugendlichen, dem Bundesjugendwerk der AWO, der DIDF-Jugend, der Naturfreundejugend und der Solijugend über einen Zeitraum von sechs Wochen mit einer Share-Pic-Kampagne Stellung zu den Problemlagen junger Menschen während der Corona-Krise und fordern die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung zum Handeln auf.
SarsCov2 wütet weiterhin auf dem ganzen Globus und wird unseren Alltag wohl noch eine Weile bestimmen. Die andauernde Pandemie verschärft dabei soziale Problemlagen und zeigt einmal mehr auf, anhand welcher Kriterien sich unsere Gesellschaft in Gewinner*innen und Verlierer*innen sortiert; Corona trifft eben nicht alle gleich. Während Home-Schooling einkommensstarke Familien in guten Wohnlagen im Home-Office noch vor lösbare Probleme stellt, werden Kinder und Jugendliche aus sozioökonomisch weniger gut gestellten Familien weiter abgehängt. Die Anschaffung digitaler Lernmittel für alle Familienmitglieder ist nicht erst seit der Preisexplosion am Webcam-Markt ein Kraftakt für viele Familien. Auch die dazugehörige Betreuung gestaltet sich für Eltern in prekären Beschäftigungsverhätnissen, die häufig nicht einfach ins Home-Office verlegt werden können, als enorme Herausforderung. Obendrauf lässt die soziale Distanzierung dann das ohnehin fragile soziale Netzwerk vieler Familien am unteren Ende der Einkommensskala zusammenbrechen.
Was solche Erfahrungen für betroffene Kinder und Jugendliche bedeuten, lässt sich noch kaum abschätzen. Mit ziemlicher Sicherheit lässt sich aber sagen, dass der Anteil von Armut gefährdeter und betroffener Kinder und Jugendlicher in den kommenden Monaten und Jahren wohl leider noch weiter steigen wird. Erste institutionelle Spaltungen entlang sozioökonomischer Linien zeigten sich bereits in der – mit Sicherheit von allen Seiten mit Blick auf das Wohl der Kinder geführten – Debatte um den Unterricht für abgehängte Schüler*innen während der Sommerferien.
Umso wichtiger bleibt die Arbeit der Jugendverbände, die den Einfluss sozioökonomischer Unterschiede auf die Lebensrealität junger Menschen im Zeltlager im Kleinen verschwinden lässt und im politischen Diskurs im Großen kontinuierlich thematisiert & bekämpft. Die Auswirkungen der Pandemie auf die Jugendverbandsarbeit sind jedoch ebenfalls verheerend. Viele Freizeiten sind bis in den August hinein vorsichtshalber abgesagt, die internationale Jugendarbeit ist zum Erliegen gekommen, Jugendzentren bleiben geschlossen oder sind nur eingeschränkt besuchbar, informelle Bildungsangebote sind außerhalb der digitalen Welt quasi inexistent und die über Jahre hinweg gepflegten sozialen Kontakte mit und von jungen Menschen beginnen zu bröckeln. Am härtesten trifft dies alles wiederum die Kinder und Jugendlichen, deren Eltern sich keinen Bungalow an der Ostsee oder einen der ersten Flüge nach Mallorca leisten können, die keinen großen Garten zur Verfügung haben, in den Freunde eingeladen werden können, die sich ein digitales Endgerät mit der ganzen Familie teilen müssen und die auf ihr soziales Netzwerk, die Freundschaft und die Fürsorge in den Jugendverbänden angewiesen sind.
Dass die Jugendverbände die skizzierten Herausforderungen nicht allein im Zeltlager bewältigen werden, ist wohl allen Beteiligten klar. Dass die Jugendverbände noch immer als eines der wenigen Sprachrohre junger Menschen fungieren, sollte aber langsam die letzten von uns wachrütteln. Noch immer dürfen junge Menschen weder wählen noch gibt es ausreichend institutionalisierte Beteiligungsformate für sie, noch immer fehlen die Rechte junger Menschen im Grundgesetz und noch immer gibt es kein verbindliches Instrument zur Gesetzesfolgenabschätzung für junge Menschen. Wir brauchen schnelle und wirksame Veränderungen im Umgang der Politik mit den spezifischen Problemlagen junger Menschen während der Corona-Krise; Corona trifft eben nicht alle gleich.