Gedenken an Hanau – rechten Terror endlich bekämpfen!

Heute jährt sich, wie viel zu oft in letzter Zeit, der Tag eines schockierenden Attentats mit rechtsradikalem Hintergrund. Vor genau einem Jahr, am Abend des 19. Februars 2020, wurden in Hanau neun junge Menschen aus fremdenfeindlichen Motiven kaltblütig ermordet:

Gökhan Gültekin, 37,

Sedat Gürbüz, 30,

Said Nesar Hashemi, 21,

Mercedes Kierpacz, 35,

Hamza Kurtović, 22,

Vili Viorel Păun, 23,

Fatih Saraçoğlu, 34,

Ferhat Unvar, 22,

Kaloyan Velkov, 33.

Im Verlauf dieses Terroranschlags wurden darüber hinaus mindestens fünf weitere Menschen teils schwer verletzt.

Unsere Gedanken, unsere Anteilnahme und unser Mitgefühl sind heute bei den Opfern und deren Angehörigen. Wir stehen mit euch, setzen uns auch in Zukunft für eine offene, diverse und friedliche Gesellschaft ein und schämen uns für das Leid, dass unsere Mitmenschen aufgrund der ihnen zugeschriebenen Herkunft in unserem Land erfahren mussten und immer noch müssen.

Die Tat in Hanau markierte den mindestens 30. offiziell registrierten rechtsradikalen oder fremdenfeindlich motivierten Terroranschlag allein in den letzten fünf Jahren. Das Gewaltpotenzial von rechts ist weiterhin enorm, die Zahl der Taten und Opfer steigt seit Jahren. Trotzdem werden immer noch Rechtsradikale und Neonazis von Angehörigen der Polizeibehörden, Militärs, Ämter und Parlamente mit Informationen und Unterstützung versorgt, ohne dass hieraus strukturell Konsequenzen gezogen würden; man beruft sich weiterhin auf Einzelfälle. Immer noch gelangen polizeibekannte Rechtsradikale wie der Täter von Hanau spielend leicht an scharfe Schusswaffen und immer noch reisen Neonazis zu Ausbildungs- und Trainingslagern ins europäische Ausland sowie in nahegelegene Kriegs- und Krisengebiete um sich militärisch an diesen Waffen schulen zu lassen. Die wachsende internationale Vernetzung der Rechten sowie der im Internet offen zur Schau gestellte Hass auf alles, was nicht der eigenen menschenverachtenden Ideologie entspricht, tragen ihr Übriges dazu bei, dass Menschen wie der Attentäter von Hanau sich dazu berufen fühlen, ihren perfiden und hasserfüllten Gedanken Taten folgen zu lassen.

Wir fordern daher die Verantwortlichen in Politik, Verwaltung und Behörden dazu auf, endlich Farbe zu bekennen und Rechtsradikalismus als ein Problem zu benennen, dass auch ohne den Verweis auf andere als „extrem“ gelesene Ideologien bekämpft werden muss. Es fehlen viel zu oft eindeutige Bekenntnisse seitens politischer Entscheidungsträger, die eine klare Abgrenzung des demokratischen Spektrums gegenüber rechtsradikalen Positionen erkennen lassen; stattdessen wird weiter gern am rechten Rand gefischt, wenn man sich daraus kurzfristige politische Gewinne verspricht. Es fehlt an Geld für Bildung und Aufklärung gegen Rechts oder Projekte werden nach einer ersten Förderung wieder eingestampft und der Strukturaufbau damit verunmöglicht. Es fehlt an dienst- und strafrechtlichen Konsequenzen sowie Aufklärungswillen bezüglich der Unterstützung rechtsradikaler Strukturen und Täter durch Angestellte im öffentlichen Dienst oder Beamte. Auch wenn wir die diesbezüglichen Bemühungen der letzten Zeit anerkennen, gibt es auf struktureller Ebene weiterhin erheblichen Handlungsbedarf im Umgang mit menschenverachtenden Ideologien aus dem rechten Spektrum.

Denn eines ist klar: ein „weiter so“ darf es nicht geben. Jedes Opfer rechter Gewalt ist eines zu viel.

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